Architektenwerkvertrag - Werklohn und Werknutzungsrecht
Mag. Wilfried Opetnik, Pflaum Karlberger Wiener Opetnik Rechtsanwälte Wien:
Die Teilnahme an Wettbewerben zählt bei fast jedem Ziviltechniker/jeder Ziviltechnikerin zum fixen Bestandteil seiner beruflichen Praxis. Neue Überlegungen werden angestellt, der auslobende Auftraggeber ist von der Kreativität begeistert, und rasch wird der Ziviltechniker/die Ziviltechnikerin mit der Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes zur Realisierung des Projektes mündlich beauftragt. Zeit für die schriftliche Ausformulierung der Grundlagen der Leistungserbringung bleibt nicht, die gesamte Aufmerksamkeit wird für die Projektrealisierung verwendet. Der Ziviltechniker/die Ziviltechnikerin beginnt somit mit der Leistungserbringung, bevor eine konkrete schriftliche Festlegung des vertraglich geschuldeten Leistungsumfanges getroffen wird. Gegen Ende der Leistungserbringung bzw. mit Fertigstellung des Bauvorhabens treten dann plötzlich Auffassungsunterschiede über Art und Umfang der vertraglich geschuldeten Leistungen und deren Honorierung auf. Ein "Standard-Sachverhalt", der in jedem Ziviltechnikerbüro mit Sicherheit schon einmal aufgetreten ist.
In der Entscheidung 7 Ob 52/16x hatte der Oberste Gerichtshof einen ähnlich gelagerten Sachverhalt unter anderem zur Frage der Fälligkeit des Werklohns und zur Berechtigung des Auftraggebers zur Zurückbehaltung von Teilen des Honorars wegen angeblich nicht vollständiger Leistungserbringung zu beurteilen. Der klagende Architekt erbrachte seine Leistungen ohne jemals den vom Auftraggeber zu Beginn der vertraglichen Beziehung übermittelten Vertragsentwurf gegenzufertigen. Der Vertragsentwurf enthielt nach Ansicht des Architekten wesentliche Passagen die zwischen den Vertragsparteien nicht besprochen waren. Eine nachträglich Adaptierung bzw. Ergänzung des Vertragsentwurfes fand nie statt, wohl aber einigten sich die Vertragsparteien auf konkrete Teilleistungen der Planung, die mit einem Pauschalhonorar abgegolten werden sollten. Über Themen wie Urheberrecht, vorzeitige Vertragsauflösung oder Vertragsrücktritt sowie Haftung und Schadenersatz wurde zwischen den Vertragsparteien nicht gesprochen. Nach Leistungserbringung und Rechnungslegung durch den Architekten verweigerte der Auftraggeber die Bezahlung des restlichen Werklohns und machte unter Hinweis auf die bislang nicht erfolgte Übertragung des Werknutzungsrechtes von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch.
Der Oberste Gerichtshof hielt zunächst fest, dass der klagende Architekt im Wesentlichen Planungsleistungen zu erbringen hatte, die ihrer Natur nach solche eines Werkvertrages sind. Aufgrund der zwischen Auftraggeber und Architekt getroffenen Pauschalvereinbarung über den Werklohn tritt dessen Fälligkeit mit Vollendung des Werkes ein, und zwar nach Erbringung aller vertraglichen Leistungen. Das Recht zur Leistungsverweigerung des Auftraggebers kann sich nur auf jene Pflichten beziehen, die zueinander im Austauschverhältnis stehen, also in einem einheitlichen Rechtsgeschäft ihren Entstehungsgrund haben und durch einen gemeinsamen Zweck miteinander verbunden sind, demnach auf die Hauptpflichten und die äquivalenten Nebenpflichten. Dem Argument, die Fälligkeit des Werklohnes sei unter anderem deshalb noch nicht eingetreten, weil der Architekt seiner vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Werknutzungsrechtes nicht entsprochen habe und somit eine äquivalente Nebenpflicht neben den Hauptpflichten aus dem Werkvertrag nicht erfüllt habe, schloss sich das Höchstgericht nicht an. Dies mit der Begründung, dass der Auftraggeber mit dem Architekten bezüglich der Übertragung des Werknutzungsrechtes nichts vereinbart hat. Ergänzend merkte der Oberste Gerichtshof an, dass selbst bei vertraglicher Einräumung von Werknutzungsrechten an einem erst zu schaffenden Werk diese Rechte mangels einer abweichenden Vereinbarung mit der Vollendung des Werkes entstehen, ohne dass es noch einer besonderen rechtsbegründenden Handlung des Architekten (Urhebers) bedürfte. Insofern besteht für eine Unterscheidung zwischen Verpflichtungsgeschäft (Einräumung des Werknutzungsrechtes) und Verfügungsgeschäft (Übertragung des Werknutzungsrechtes) im Bereich des Urheberrechtes kein Raum.
Die vom klagenden Architekten erbrachten Leistungen waren dementsprechend auf Basis der getroffenen Pauschalpreisvereinbarung fällig und zu entlohnen, dem Auftraggeber stand kein Zurückbehaltungsrecht wegen Nichtübertragung des Werknutzungsrechtes zu. Diese Entscheidung ist ein sehr anschauliches Beispiel dafür, dass ein gültiger Vertrag zwischen Architekt und Auftraggeber bereits mit Einigung über Leistungsumfang und Honorar entsteht und rechtswirksam durchgesetzt werden kann, auch wenn kein schriftlicher Vertrag existiert. Die Übertragung von Werknutzungsrechten ist zu vereinbaren, ansonsten gilt der Grundsatz, dass der Nutzungsberechtigte nicht mehr Rechte erhält, als es für den praktischen Zweck der ins Auge gefassten Werknutzung erforderlich scheint (vgl. dazu das von unserer Sozietät herausgegebene Handbuch des Ziviltechnikerrechts, Seiten 19ff und 52f).
|