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Architektenhonorar: Wenn der Bauherr gegenrechnet

Der Oberste Gerichtshof hat im November 2011 besondere Verjährungsfragen behandelt, die sich dann ergeben können, wenn der/die Bauherr/in Mängelsanierungskosten vom Planungshonorar in Abzug bringen will (vgl 4Ob 71/11h). Die Entscheidung zeigt auf, was zu beachten ist.

Eine automatische Aufrechnung wechselseitiger Forderungen („ipso iure compensatur“) gibt es gesetzlich nicht. Entweder die Beteiligten kommen gemeinsam  überein, gegen zu verrechnen, dann sind der Aufrechnung keine Grenzen gesetzt. Es gibt aber auch die Möglichkeit einer einseitige Kompensation. Ein Teil muss dem anderen förmlich erklären, dass er die gegenseitigen Forderungen als ausgeglichen ansehen möchte, und kann so die Gegenverrechnung herbeiführen, ohne dass der andere zustimmen muss.

Zu unterscheiden ist, ob man die Aufrechnungserklärung außergerichtlich formuliert oder nur als Prozesseinrede geltend macht.

Die außergerichtliche Aufrechnung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung (Einschreiben empfohlen!). Sie kann nur „unbedingt“ erklärt werden. Dass bedeutet, man anerkennt damit in der Regel implizit die Forderung des anderen und stellt ihr nur die Gegenbehauptung entgegen, dass sie wegen Schuldtilgung nicht mehr bestehe. Die Tilgungswirkung tritt mit dem Empfang der Erklärung ein.

Die Aufrechnungseinrede im Prozess ist dagegen nur eine Art „bedingte“ Erklärung. Inhalt der prozessualen Aufrechnungseinrede ist die Einwendung einer Gegenforderung eines/r Beklagten mit dem Ziel, die Aufrechnung mit der noch bestrittenen Klageforderung im Wege einer Gerichtsentscheidung über Bestand und Aufrechenbarkeit der Forderung und  der Gegenforderung herbeizuführen („Für den Fall des Bestehens der Klagsforderung wird folgende Gegenforderung eingewendet ...“). Die Tilgungswirkung der Eventualaufrechnung tritt hier erst mit Rechtskraft der Gerichtsentscheidung ein.

Verjährung beachten!
Forderungen können zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstehen und verjähren im geschäftlichen Verkehr meist drei Jahre ab Entstehen bzw Fälligkeit des Anspruchs. In der zitierten OGH-Entscheidung entstanden der Anspruch auf das  Architektenhonorar für Planung, Ausschreibung, Gesamtkoordination und Bauaufsicht für das streitgegenständliche Bauvorhaben und der klägerische Gewährleistungsanspruch auf Ersatz von Mehrkosten für nachträgliche Sanierung von Mängeln zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten.

Verjährte Forderungen können grundsätzlich nicht mehr erfolgreich eingeklagt werden. Bei der Gegenverrechnung  gibt es aber eine Besonderheit. Hier wird die Kompensation auf den Zeitpunkt bezogen, in dem Forderung und Gegenforderung einander zum ersten Mal aufrechenbar gegenübergestanden sind. Dies hat zur Folge, dass die Kompensationserklärung auch dann noch wirkt, wenn zur Zeit ihrer Abgabe eine Forderung bereits verjährt ist. Die Aufrechnung kann somit auch noch nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht werden, wenn die die eigenen Forderungen zum Zeitpunkt, in dem sie sich erstmals aufrechenbar gegenüberstanden, noch nicht verjährt waren.

Tipp:
Will man als ZiviltechnikerIn verhindern, dass der/die Bauherr/in  eigene Ansprüche gegenverrechnen kann, kann man dies vorab durch Vertrag vereinbaren (sog. vertragliches Aufrechnungsverbot). Die Musterverträge der Kammer sehen ein solches Aufrechnungsverbot vor: www.ztkammer.at/uebersicht.php

Zu beachten ist dabei allerdings, dass das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) bei Verbrauchergeschäften, also bei Leistungen für Private,  aber wesentliche Einschränkungen vorsieht. (vgl § 6 Abs 1 Z 8 KSchG).

Mag. Eva Pany
Rechtsanwältin in der Kanzlei Berchtold & Kollerics in Graz
 


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