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Arbeitskräfteüberlassung und ihre Tücken

Mag. Heike Glettler, Kammerdirektion

Arbeitskräfteüberlassung (Personalleasing) ist weit verbreitet und betrifft oft auch ZiviltechnikerInnen. Wenn etwa zur Abwicklung eines Auftrages kurzfristig von einem/einer Ziviltechniker/in einem/einer anderen Ziviltechniker/in eine Arbeitskraft überlassen oder über eine Personalleasingfirma bezogen wird. Aber auch das „Ausleihen“ von Arbeitskräften an öffentliche Auftraggeber/innen stellt eine Arbeitskräfteüberlassung dar.

Bei der Arbeitskräfteüberlassung stellt ein/e Arbeitgeber/in (Überlasser/in) seine/ihre Arbeitskräfte einem/einer anderen Arbeitgeber/in (BeschäftigerIn) zur Erbringung von Arbeitsleistungen zur Verfügung. Die Spielregeln hiefür werden im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt.

Die Überlassung von Arbeitskräften ist ein reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z. 72 Gewerbeordnung 1994 und ist demnach an eine aufrechte Gewerbeberechtigung gebunden.

Ausgenommen hievon sind gemäß § 1 Abs. 2 AÜG jedoch etwa
● die Überlassung von Arbeitskräften durch den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband;
● die Überlassung von Arbeitskräften durch Erzeuger, Verkäufer oder Vermieter von technischen Anlagen oder Maschinen, wenn
- zur Inbetriebnahme, Wartung oder Reparatur von technischen Anlagen oder Maschinen oder
- zur Einschulung von ArbeitnehmerInnen des Beschäftigers/der Beschäftigerin
die überlassenen Arbeitskräfte als Fachkräfte erforderlich sind und der Wert der Sachleistung überwiegt;
● die Überlassung von Arbeitskräften innerhalb einer Arbeitsgemeinschaft oder bei der betrieblichen Zusammenarbeit
- zur Erfüllung gemeinsam übernommener Aufträge oder
- zum Zwecke des Erfahrungsaustausches, der Forschung und Entwicklung, der Ausbildung der Betriebsberatung oder der Überwachung oder
- in Form einer Kanzlei- oder Praxisgemeinschaft.

Eingliederung beim/bei der Beschäftiger/in
Wie bereits erwähnt ist Zweck der Arbeitskräfteüberlassung die Zurverfügungstellung der Arbeitskräfte durch den/die Überlasser/in an eine/n Beschäftiger/in. Die überlassenen Arbeitskräfte sind zur Arbeitsleistung im Betrieb des/der Beschäftigers/in verpflichtet. Dementsprechend sind sie im Beschäftigerbetrieb eingegliedert und unterliegen den fachlichen und organisatorischen Weisungen des/der Beschäftigers/in.

Pflichten des/der Überlassers/in
Der/Die Überlasser/in hat den/die Beschäftiger/in auf alle für die Einhaltung des persönlichen Arbeitsschutzes, insbesondere des Arbeitszeitschutzes und des besonderen Personenschutzes maßgeblichen Umstände hinzuweisen. Der/Die Überlasser/in hat ab Aufnahme der Überlassungstätigkeit laufend Aufzeichnungen über die Überlassung von Arbeitskräften zu führen. Weiters trifft den/die Überlasser/in die Pflicht zur Bezahlung des Arbeitsentgelts, hat einen Dienstzettel auszustellen, den/die Arbeitnehmer/in zur Sozialversicherung anzumelden bzw. kann das Arbeitsverhältnis aufkündigen.

Der/Die Überlasser/in ist darüber hinaus verpflichtet, der Arbeitskraft vor jeder Beschäftigung in einem anderen Betrieb die für die Überlassung wesentlichen Umstände, insbesondere den/die Beschäftiger/in, die voraussichtliche Arbeitszeit der überlassenen Arbeitskraft im Betrieb des/der Beschäftigers/in und das Entgelt, das für die Dauer der Überlassung gebührt, mitzuteilen und ehestmöglich schriftlich zu bestätigen.

Wenn der/die Überlasser/in davon Kenntnis erlangt, dass der/die Beschäftiger/in trotz Aufforderung die Arbeitnehmerschutz- oder die Führsorgepflicht nicht einhält, ist er dazu verpflichtet, die Überlassung unverzüglich zu beenden.

Pflichten des/der Beschäftigers/in
Für die Dauer der Beschäftigung im Betrieb des/der Beschäftigers/in gilt der/die Beschäftige/r als Arbeitgeber/in im Sinne der Arbeitnehmerschutzvorschriften. Dies bedeutet, dass den/die Beschäftiger/in die Führsorgepflichten des/der Arbeitgebers/in auch gegenüber den Überlassenen obliegen.

Dem/Der Beschäftiger/in steht das Weisungs- und Direktionsrecht gegenüber dem/der Überlassenen zu.

Der/Die Beschäftiger/in haftet für die gesamten der überlassenen Arbeitskraft für die Beschäftigung in seinem/ihrem Betrieb zustehenden Entgeltansprüche und die entsprechenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung sowie für die Lohnzuschläge nach dem BUAG als Bürge. Wenn jedoch der/die Beschäftiger/in seine/ihre Verpflichtungen aus der Überlassung bereits dem/der Überlasser/in nachweislich erfüllt hat, haftet er/sie nur mehr als Ausfallsbürge.

Bei Insolvenz des/der Überlassers/in entfällt die Haftung des/der Beschäftigers/in als Bürge, wenn die überlassene Arbeitskraft Anspruch auf Insolvenz-Entgelt nach dem Insolvenz-Etngeltsicherungsgesetz hat, soweit dadurch die Befriedigung der eben erwähnten Ansprüche tatsächlich gewährleistet ist.

Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz und das Organhaftpflichtgesetz gelten sowohl zwischen Überlasser/in und der überlassenen Arbeitskraft als auch zwischen dem/der Beschäftiger/in und der überlassenen Arbeitskraft.

Rechte/Pflichten der Arbeitskraft
Die Arbeitskraft hat Anspruch auf ein angemessenes, ortsübliches Entgelt, das mindestens einmal monatlich auszuzahlen und schriftlich abzurechnen ist. Bei der Beurteilung dieser Angemessenheit ist für die Dauer der Überlassung auf das im Beschäftigerbetrieb vergleichbaren ArbeitnehmerInnen für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlende kollektivvertragliche oder gesetzlich festgelegte Entgelt Bedacht zu nehmen.

Während derÜberlassung gelten die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften des im Beschäftigerbetrieb auf vergleichbare Arbeitnehmer anzuwendenden Kollektivvertrags und einer auf vergleichbare ArbeitnehmerInnen anzuwendenden gesetzlich festgelegten Regelung auch für die überlassene Arbeitskraft.

Wie kann sich der/die Beschäftiger/in vor Inanspruchnahme schützen?
Der/Die Beschäftiger/in sollte mit dem/der Überlasser/in vereinbaren, dass ihm/ihr die Anmeldung der überlassenen Arbeitskraft bei der Gebietskrankenkassa und die korrekte Abrechnung (Sozialversicherungsbeiträge, Entgelt) nachgewiesen werden.

Bei Insolvenz des/der Überlassers/in sollte das Entgelt, sofern es noch nicht bezahlt wurde, beim zuständigen Bezirksgericht hinterlegt werden. Ein Zurückbehaltungsrecht seitens des/der Beschäftigers/in besteht nicht.

Am Wichtigsten jedoch ist, dass die Auswahl des Arbeitskräfteüberlassers sehr sorgfältig getroffen wird.

Verfasserin: Mag. Heike Glettler, heike.glettler@aikammer.org

 


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