Arten der Verfahren zur Vergabe von AufträgenDie richtige Wahl des Verfahrens und die hiermit verbundene sachgerechte, objektive und nicht diskriminierende Behandlung von BewerberInnen und BieterInnen führen immer wieder zu Verunsicherung bei AuftraggeberInnen. In der Folge soll deshalb ein kurzer Überblick über die verschiedenen Vergabeverfahren und maßgeblichen Schwellenwerte gemäß Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) verschafft werden:
Grundsätzlich besteht die freie Wahlmöglichkeit zwischen dem offenen Verfahren und dem nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung. Für die Vergabe von geistigen Dienstleistungen (z.B. ZiviltechnikerInnenleistungen) ist jedoch das Verhandlungsverfahren heranzuziehen. Da ihr wesentlicher Inhalt in der Lösung einer Aufgabenstellung durch Erbringung geistiger Arbeit besteht, führen diese Dienstleistungen nicht zwingend zum gleichen Ergebnis. Für derartige Leistungen ist zwar eine Ziel- oder Aufgabenbeschreibung, nicht jedoch eine vorherige eindeutige und vollständige Beschreibung der Leistung (konstruktive Leistungsbeschreibung) möglich. Auf dem Gebiet der Architektur wird die Vergabe mittels Wettbewerb bevorzugt. Meist wird der Gewinner/die Gewinnerin des Wettbewerbes - nach Durchführung eines Verhandlungsverfahrens - mit den Planungsleistungen beauftragt. Kurzdarstellung: Offenes Verfahren Das offene Verfahren kann bei jeder Auftragssumme herangezogen werden. Lediglich hinsichtlich der Bekanntmachung unterscheidet man zwischen Ober- und Unterschwellenbereich (Bauaufträge € 5.350.000,00; Liefer- und Dienstleistungsaufträge € 214.000,00 bzw. Sektorenauftraggeber - Bauaufträge € 5.350.000,00; Liefer und Dienstleistungsaufträge € 428.000,00). Im Oberschwellenbereich schreibt das BVergG eine EU-weite Bekanntmachung vor. Zusätzlich müssen Ausschreibungen im Oberschwellen- und Unterschwellenbereich veröffentlicht werden, indem die Metadaten der Kerndaten von Vergabeverfahren (gemäß Anhang VIII BvergG 2018) auf https://www.data.gv.at bereitgestellt werden. Weitere Bekanntmachungen in sonstigen geeigneten Publikationsmedien (z.B. Grazer Zeitung oder Kärntner Landeszeitung) stehen dem/der öffentlichen AuftraggeberIn frei. Nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung Die Schwellenwerte und Bekanntmachungsregeln des offenen Verfahrens sind auch auf das nicht offene Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung anzuwenden. Nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung Ohne vorherige Bekanntmachung kann das nicht offene Verfahren bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen gewählt werden, sofern der geschätzte Auftragswert € 100.000,00 und bei Bauaufträgen den Wert von € 1.000.000,00 nicht erreicht. Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung Diese Verfahrensart kann bei der Vergabe von Aufträgen im Unterschwellenbereich sowie im Oberschwellenbereich unter den Voraussetzungen des § 34 BVergG herangezogen werden. Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachtung Dieses Verfahren kann bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Unterschwellenbereich bis zu € 100.000,00 oder aufgrund einer besonders günstigen Gelegenheit, die sich für einen sehr kurzen Zeitraum ergeben hat, Waren oder Dienstleistungen von einem/einer UnternehmerIn zu einem Preis beschaffen werden können, der erheblich unter den marktüblichen Preisen liegt, herangezogen werden. Im Oberschwellenbereich kann diese Verfahrensart unter den gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 35 ff BVergG angewendet werden. Bei geistigen Dienstleistungen besteht weiters die Möglichkeit, das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Unternehmen bis zu einem Auftragswert von € 107.000,00 anzuwenden, wenn die Durchführung eines wirtschaftlichen Wettbewerbs auf Grund der Kosten des Beschaffungsvorganges für den Auftraggeber/die Auftraggeberin wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Rahmenvereinbarung Aufträge im Ober- und Unterschwellenbereich können aufgrund einer Rahmenvereinbarung vergeben werden, sofern die Rahmenvereinbarung nach Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung oder eines Verhandlungsverfahrens abgeschlossen wurde. Dynamisches Beschaffungssystem Aufträge können aufgrund eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben werden, sofern das dynamische Beschaffungssystem gemäß den §§ 161 und 162 BVergG eingerichtet und betrieben wird. Wettbewerblicher Dialog Innovationspartnerschaft Diese Verfahrensart kann herangezogen werden, wenn ein Bedarf nach einer innovativen Ware, Bau- oder Dienstleistung besteht, der nicht durch den Erwerb von bereits auf dem Markt verfügbaren Waren, Bau- oder Dienstleistungen befriedigt werden kann. Direktvergabe Die Direktvergabe kann bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem Auftragswert von € 100.000,00 (Sektorenauftraggeber € 100.000,00) herangezogen werden. Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung Der/Die AuftraggeberIn hat hiebei die beabsichtigte Vergabe eines Bau-, Liefer- oder Dienstleistungsauftrages vorher bekannt zu machen. Vom Auftraggeber/Von der Auftraggeberin müssen objektive, nicht diskriminierende und mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien festgelegt werden, anhand derer die allenfalls vorgesehene Auswahl des Unternehmers/der Unternehmerin bzw. der UnternehmerInnen erfolgen kann. Weiters ist der/die AuftraggeberIn dazu verpflichtet, allen UnternehmerInnen, welche sich um eine Teilnahme an diesem Verfahren beworben haben bzw. ein Angebot gelegt haben, unverzüglich nach Zuschlagserteilung mitzuteilen, welchem Unternehmer/welcher Unternehmerin der Zuschlag erteilt worden ist. In dieser Mitteilung ist ebenfalls der Gesamtpreis anzugeben. Realisierungswettbewerb Beim offenen Wettbewerb wird vom Auslober/von der Ausloberin eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen und Personen öffentlich zur Vorlage von Wettbewerbsarbeiten aufgefordert. Beim nicht offenen Wettbewerb werden, nachdem eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen und Personen öffentlich zur Abgabe von Teilnahmeanträgen aufgefordert wurde, vom Auslober/von der Ausloberin ausgewählte WettbewerbsteilnehmerInnen zur Vorlage von Wettbewerbsarbeiten aufgefordert. Beim geladenen Wettbewerb wird vom Auslober/von der Ausloberin eine beschränkte Anzahl von geeigneten WettbewerbsteilnehmerInnen unmittelbar zur Vorlage von Wettbewerbsarbeiten aufgefordert. Der offene bzw. nicht offene Wettbewerb kann jederzeit angewendet werden. Lediglich hinsichtlich der Bekanntmachung ist der Auftragswert maßgeblich. Bis zu einem Wert von € 214.000,00 (Sektorenauftraggeber € 428.000,00) ist die Ausschreibung in Österreich bekannt zu machen, darüber liegende Aufträge sind EU-weit auszuschreiben. Der geladene Wettbewerb kann hingegen nur im Unterschwellenbereich (€ 214.000,00; Sektorenauftraggeber € 428.000,00) angewandt werden.
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